Die spätmittelalterliche Gesellschaft beschäftigte sich obsessiv mit der Präsenthaltung von Absentem, insbesondere auf politischer, religiöser und frömmigkeitsgeschichtlicher Ebene. Der Herrscher, dessen Gegenwart im Ritual sinnfällig genutzt wurde, war an den meisten Orten zu den meisten Zeiten nicht vorhanden, Inschriften schlossen diese Lücke prominent und sichtbar. Christus war in den Himmel aufgefahren, seine physische Gegenwart konnte durch Inschriften, die auf die Gestalt des Heiligen Grabes in Jerusalem eingingen, hergestellt werden. Die Toten wurden der Gesellschaft gegenwärtig gehalten, indem ihre Memoria sich in Inschriften erhielt. Die entscheidende Dimension in allen diesen Fällen eröffnet sich dabei bei der konsequenten Frage nach den Auftraggebern und dem Publikum dieser Inschriften, die den spezifischen Nutzungshorizont zu erkennen geben. Der Vortrag rekonstruiert die Kulturgeschichte der Inschriften als Teil der Vergegenwärtigungsstrategien des Absenten und eröffnet die Diskussion um Spezifika des Mittelalters aus ungewohnter Perspektive.
(Quelle: Programm des Deutschen Historikertages)
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